Man darf die Bahn nie vor der Ankunft loben


An diesem Wochenende war ich in Berlin. Gereist bin ich mit der Bahn. Das hieß am Samstag Abfahrt um 5 Uhr morgens und vergleichsweise pünktliche Ankunft. Ok, es waren tatsächlich zehn Minuten Verspätung, aber bei dieser Strecke zählt das eigentlich schon fast nicht. Als erfahrener Bahn-Fahrer bin ich hier gerne großzügig.

Die Rückfahrt begann ebenfalls ganz positiv. Ok, wir standen wohl länger in Spandau, da ein anderer Zug wohl einen Defekt hatte und somit die Schienen blockiert hat. Aber sowas kann einfach immer passieren und schließlich hat mein Zug diese kleine Verspätung bis Frankfurt am Main auch wieder aufgeholt.

Insgesamt war ich bis hier hin sehr angetan von meiner Reise. Seit längerer Zeit hatte ich wieder einmal ein Ticket für die erste Klasse. Dank früher Buchung und wahrscheinlich weil die Plätze in der ersten Klasse am Wochenende weniger belegt sind, hatte mir die Bahn mir ein kostenloses Upgrad auf die erste Klasse inklusive Sitzplatz-Reservierung angeboten. Ein Service, den ich bei meinen vielen Reisen in einem früheren Job immer als sehr angenehm empfand. Zusätzlich hat die Bahn auch eine sehr positive Entwicklung im digitalen Bereich durchlebt. Mein mobiles Ticket ist jetzt unmittelbar mit dem aktuellen Fahrplan verknüpft. Entsprechend konnte ich ständig die aktuellen Reisefortschritt nachvollziehen, ohne jeweils an den Bahnhöfen genau aufpassen zu müssen, wo wir den gerade sind. Mein Smartphone informierte mich sogar aktiv an die Ereignisse – z.B. das Umsteigen – meines Reiseplans. Das hat alles perfekt geklappt.
Zum anderen gab es in den Zügen durchgängig eine stabile Internetverbindung. Die hat mit ihrer Geschwindigkeit zwar nicht immer die Wurst vom Brot gezogen, aber für die erste SocialMedia Pflege nach dem Wochenende hat es gut gereicht. (Follow me on Twitter @Micha1072, follow me on Instagramm @Micha.on.insta – aber damit genug der Eigenwerbung.)

Gewohnt gut, da ausgesprochen freundlich, war auch wieder einmal das Zugpersonal. Mürrische Zugbegleiter gehören in meiner Wahrnehmung schon lange einer Zeit an, als dieses Unternehmen noch die Deutsche Bundesbahn war. Trotzdem mag ich gerade an dieser Stelle, die Leistung dieser Damen und Herren einmal Ausdrücklich loben und mich auch gerne für ihre Mühen mit uns nicht immer ganz unkomplizierten Reisenden bedanken. Danke, liebe Zugbegleiter.

Ich saß daher schon daran, einen positiven, lobenden Text über die Deutsche Bahn zu diesem Reiseerlebnis zu schreiben. Noch stand mir aber ein Zugwechsel in Frankfurt bevor. Und von hier sollte sich die Bahn mal wieder von ihrer schlechten Seite zeigen.

Ok, ich muss schon fair bleiben: Zugverspätungen und Ausfälle wegen Unwetters, Defekten, oder weil ein Mensch zu Schaden gekommen ist – Personenschaden ist ja der Bahn-Terminus für einen Selbstmörder, der nicht nur eine Tragödie für sich sondern auch für das betroffene Bahn-Personal darstellt – können einfach passieren. Der Projekt-Manager in mir sagt aber: das sind Risiken und auf diese kann man sich vorbereiten und sich passende Strategien überlegen.

Ob die DB hier patz, mag ich gar nicht sagen. Als Außenstehender kann man das auch gar nicht sagen. Als Fahrgast und Kunde muss ich aber feststellen: die Bahn patzt immer wieder bei der Kommunikation, wenn es zu Störungen kommt – und das entnervt den Kunden.

So auch in meinem Fall. Der grundsätzlich bereitstehende Zug wurde Minuten vor Abfahrt abgezogen. Vielleicht lag ein größerer Defekt vor, vielleicht waren aber auch nur die Toiletten verstopft. Es ist aber schon sehr irritierend, wenn man den Zug, den man zu betreten ins Auge gefasst hat, ohne einen einzigen Passagier aus dem Bahnhof fährt. Entsprechend sahen die Reise-willigen – inklusive mir – sehr irritiert den Schlussleuchten hinterher.

Das Anzeige erst Minuten später aktualisiert wurde, linderte unsere Ratlosigkeit nur geringfügig. Die Information hätte sicher schon früher zur Verfügung gestanden. Auch dass die Anzeige zwei mal nach jeweiligen Überschreiten der angegebenen Verzögerung aktualisiert wurde, beruhigte uns wartenden Fahrgäste nicht.

Rund 45 Minuten später wurde dann doch ein Zug für diese Fahrt bereitgestellt. Auch wenn nun solche Kleinigkeiten wie Sitzplatz-Reservierungen hinfällig waren, waren viele Menschen erleichtert, endlich die Weiterreise antreten zu können.

Eine Mischung aus Wut und Erheiterung erzeugte der Zugchef dann allerdings mit seiner Durchsage, dass der Lokführer erst in weiteren fünfzehn Minuten eintreffen würde. Sicher gelten für Lokführer auch sehr strenge Regeln, was Lenk- und Ruhezeiten angeht – und dies letztlich, um uns Bahnreisende bestmöglich vor Gefahren zu schützen. In diesem Moment konnten aber nur die Wenigstens hierfür Verständnis entwickeln.

Irgendwann ging es schließlich doch weiter. Die Bordcrew gab sich erhebliche Mühe, den Unmut der Reisenden zu besänftigen und es wurde sogar ein Extra-Stopp eingelegt, um für einige Reisende die Auswirkungen zu mildern. Da das Betriebsende der Bahnen mit erreichen von Stuttgart Hauptbahnhof bereits erreicht war, organisierte die Bahn auch auf eigene Kosten verschiedene Taxifahrten, so das kein Reisender gestrandet zurück blieb.

Das Personal sowohl im Zug, als auch am Info-Point im Bahnhof bekamen aber mehrfach die Auswirkungen von Irritation und Reisemüdigkeit zu spüren. Ein Umstand, den die Bahn in solchen Fällen mit besserer Information sicherlich hätte mildern können.

Ich wünsche den betreffenden Bahn-Mitarbeitern daher, dass ihr Unternehmen ihren Einsatz zu würdigen und anerkennen weiß. Mit etwas Abstand ist ihnen zumindest meine Würdigung und Dank sicher.