Der Deutsche, der auf einem Hügel stieg, um einen Berg zu sehen

Mein Film- und Fernseh-Konsum ist im Laufe des letzten Jahres deutlich gesunken. Tatsächlich war ich noch nie ein starker Viel-Seher. Wo sich früher Schulkameraden für Stunden vor den Fernseher setzen konnten, war mir das immer zu langweilig. Einen Nachmittag mit MTV? Lieber direkt mit Musik beschäftigen, als sich nur davon berieseln lassen.

Durch die verschiedenen Streamer ist das Angebot zwischenzeitlich nochmal deutlich gestiegen. Tatsächlich bin ich froh darüber, dass es Netflix und Co. gibt. Im „klassischen“ Fernsehen ist mir das Angebot zu sehr gesteuert. Als verantwortlicher Filmredakteur beim Fernsehen muss man wohl eine Agenda verfolgen, um seinen Job zu erledigen. Entweder man schmalzt seine Zuschauer mit belanglosem Herzschmerz-Rosamunde-Pillcher-Kram zu, ersäuft sie in belanglosem Billig-Krachwumms-Unsinns-Action oder langweilt sie mit dem nächsten FilmFilmFilmFilm-Ereignis in den Schlaf. Bei den Streamern bekommt man wenigstens für jeden Geschmack und Anspruch etwas zu sehen. Einziger Nachteil hierbei ist, dass es inzwischen so eine gigantische Menge unterschiedlicher Produkte gibt, dass ich oft gar nicht weiß, was ich sehen will. Wenn ich dann unschlüssig durch die Auswahl scrolle, mir dann vielleicht die ersten zwei bis Drei Minuten eines Produktes ansehe, ertappe ich mich oft dabei, dass ich einen kompletten Fernsehabend nur mit der Suche verbracht habe, aber selbst nichts Interessantes gesehen habe. Tatsächlich habe ich inzwischen eine Reihe alter Serien, in die ich einfach frei springen kann, wenn mir der Sinn nach etwas Fernsehunterhaltung ist, ohne dass ich etwas Bestimmtes sehen will. Zudem beschäftige ich mich nun deutlich mehr damit, was es vielleicht zu sehen gibt. Auf YouTube folge ich verschiedenen Film- und Trailer-Kanälen und eine meiner liebsten Quellen ist der Podcast „Zwei wie Pech und Schwafel“ von Robert Hofmann und David Hain.

Natürlich stoße ich damit in meinem Umfeld immer wieder auf Verwunderung. Viele verstehen es nicht, wenn ich meine (digitale) Liste hervorkrame, um zu sehen, ob und was ich denn gerne noch sehen würde. Auch wurde mir schon gesagt, dass mir das Konzept von Netflix & chill wohl nicht so recht geläufig ist. Doch, denn dabei geht es in Wirklichkeit nicht um das was im TV abgeht, sondern eher neben einem auf der Couch. Auch kündige ich Netflix immer gleich wieder zum Monatsende, um nicht in eine Abofalle zu tappen. Und ich buche mir die unterschiedlichen Streamingdienste immer nur abwechselnd, nicht gemeinsam.

Dieses Verhalten birgt den Nachteil, dass ich in Gesprächsrunden um die neuesten Filme und Serien selten mitsprechen kann. Aber da sich die meisten Menschen nicht über den Inhalt austauschen wollen, schmerzt mich das wenig.